Nach zwei Jahren Pause war es endlich wieder so weit: Am 17. September wurde auf der Münchner Theresienwiese das Oktoberfest eröffnet.
Das heiß ersehnte Münchner Oktoberfest 2022 ist vorbei. Doch es verlief in vielen Bereichen anders als geplant oder erhofft. Auf den folgenden Seiten erhalten Sie einen Rückblick auf die Wiesn 2022.
Das diesjährige Oktoberfest hat keine Rekorde gebrochen. Die offizielle Website fasste die Wiesn 2022 wie folgt zusammen: "friedlich, fröhlich, verregnet", auch wenn Besucherzahlen, Umsatz und Einnahmen des Servicepersonals weit hinter den Erwartungen geblieben sind.
Viele Stammgäste blieben aus. Zur Halbzeit sagte eine Münchner Bedienung gegenüber dem 'Fokus': „Am Anfang der Wiesn habe ich gesagt, dass 30 Prozent der Gäste fehlen - mittlerweile würde ich sagen es fehlen 40 Prozent."
Nach Schätzungen der Festleitung kamen bis zum Sonntag rund 5,7 Millionen Menschen auf das Oktoberfest. Damit ist die Besucherzahl im Vergleich zu 2019 mit 6,3 Millionen Gästen deutlich gesunken. Die Wiesn 2022 liegt nur knapp vor der unbeliebtesten Wiesn 2016 (5,6 Millionen Besucher aufgrund eines Drohvideos).
Der Großteil der Touristen kam aus Großbritannien und den USA.
Die Berechnung der Besucherzahlen basiert auf Schätzwerten von Wiesn-Experten, den Platzzahlen in Zelten und Luftbildaufnahmen. Weitere Faktoren, die mit einfließen, sind Strom-, Gas- und Wasser-Verbrauch, Essen und Getränke.
Der Bierpreis auf dem Oktoberfest 2022 betrug zwischen 12,60 Euro und 13,80 Euro pro Maß (mit kurzem A und scharfem S). Alkoholfreie Getränke kosteten zwischen 9,67 und 10,85 Euro pro Liter.
Mit der sinkenden Besucherzahl brach auch der Bierkonsum ein. Insgesamt wurden 5,6 Millionen Maß Bier ausgeschenkt, 1,7 Millionen weniger als vor der 2-jährigen Pause.
Seit Wiesenwoche zwei durfte erstmals seit 2008 wieder Glühwein ausgeschenkt werden. Das sollte auch bei schlechtem Wetter Besucher anlocken und den geringen Umsatz steigern. Laut 'Merkur' hat aber nur ein Standbetreiber das Angebot angenommen - der Erfolg war mäßig.
Ein halbes Hendl kostete 14,50 Euro und die Haxe bis zu 24 Euro. Für den kleinen Hunger gab es Weißwürste für 8 Euro. Relativ neu und beliebt waren auch vegetarische, vegane sowie gluten- und laktosefreie Speisen.
"Dem Schweinsbraten laufen die Kasspatzen den Rang ab", sagte Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner auf einer Pressekonferenz zum Wiesn-Abschluss. Neben Käsespätzle legten die Gäste auch großen Wert auf Bio-Siegel, vegetarische und vegane Alternativen.
Baumgartner und die Veranstalter sprachen vom schlechtesten Wiesn-Wetter seit 20 Jahren. Das wirkte sich vor allem auf die Biergärten und den Straßenverkauf aus. Aber auch Schausteller und Zeltbetreiber bekamen das Zögern der Besucher zur spüren.
2022 war auch kein gutes Jahr für die Bedienungen, da deutlich weniger Trinkgeld bei ihnen ankam. Auf der Wiesn arbeiten sie selbstständig und nicht mit Stundenlohn. Die Kellnerinnen kaufen Getränke und Essen vom Betreiber zu einem etwas geringeren Preis als dem auf der Karte. So lässt sich auch erklären, dass sich die Arbeit ohne spendierfreudige Gäste auf dem Oktoberfest 2022 für viele nicht gelohnt hat.
(Bild: Servicepersonal feiert am letzten Tag, dem "Kehraus", den erfolgreichen Abschluss ihrer Arbeit)
Viele Kritiker befürchteten vorab, dass München zur "Corona-Hauptstadt" werden könnte und sie scheinen Recht gehabt zu haben. Die Stadt München meldet am Samstag 12 412 Corona-Fälle in den vergangenen sieben Tagen. Wie viele sich auf dem Oktoberfest angesteckt haben, ist nicht bekannt. Dass Bierzeltbesuche oft zu höheren Inzidenzzahlen führen, haben bereits andere, größere Veranstaltungen gezeigt.
Während des bekanntesten Volksfests der Welt gab es immer wieder Kritik an den fehlenden Schutzmaßnahmen. Dass die Arbeit als Kellnerin auf der Wiesn an der Gesundheit zehrt, ist allgemein bekannt. Doch 2022 wurde immer wieder vermutet, dass die augenscheinlichen Erkältungen auch Coronainfektionen gewesen sein könnten. Servicepersonal musste sich nicht testen lassen und laut "TZ" arbeiteten mehrere Bedienungen mit Fieber und Erkältungssymptomen.
(Foto: Twitter/ Karl_Lauterbach)
Laut Feuerwehr und Sanitätsdienst war 2022 ebenfalls sehr ruhig. Es gab 27 Einsätze weniger. Etwa 45% der Patienten hatten eine Intoxikation, insgesamt mussten 355 über Nacht in der Ambulanz bleiben.
Laut Polizeipräsidium München wurden von Beamten und Sicherheitspersonal 112.551 Bierkrüge (2019 waren es 96.912) an den Ausgängen abgenommen. Über den Gesamtzeitraum waren die Einsatzzahlen etwas geringer. Nur die Zahl der Taschendiebstähle ist im Vergleich zu 2019 um 50 % gestiegen. Wegen unterschiedlichen Delikten kam es insgesamt zu 376 Festnahmen.
Laut Stadtportal München gibt es das Oktoberfest seit 1810 und wurde anlässlich der Hochzeit von König Ludwig I mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen gefeiert. Die Wiese am Stadtrand, auf der die Feierlichkeiten stattfanden, wurde zu Ehren der Braut "Theresienwiese" getauft. Das Fest begeisterte die Bevölkerung und Bauern, die es zu einer Tradition machten, um ihre Erzeugnisse anzubieten.
(Bild: Oktoberfest 1909)
1818 gab es das erste Karussell und Schaukeln. Nach und nach kamen immer mehr Fahrgeschäfte hinzu. Ein Jahr später, 1819 übernahmen die Stadtväter Münchens die Finanzierung und Ausrichtung der Wiesn.
Bis 1871 fand die Wiesn im Oktober statt. Im Folgejahr wurde jedoch beschlossen, den Altweibersommer und das schöne Wetter auszunutzen. Seitdem beginnt das Oktoberfest am Samstag nach dem 15.9. und endet am ersten Sonntag im Oktober (2022 gibt es eine Verlängerung bis Montag).
Übrigens: Erst 1880 genehmigte die Stadtverwaltung den Verkauf von Bier, noch bevor die Wiesn Strom bekam (1886).
Am ersten Wiesn-Samstag um Punkt 12 findet traditionell der Anstich und offizielle Startschuss in der Schottenhamel-Festhalle statt. Der amtierende Oberbürgermeister zapft das erste Bierfass an und übergibt die erste Maß traditionell dem bayerischen Ministerpräsidenten.
Der perfekte Anstich wird an den Schlägen gemessen, die der Bürgermeister braucht. Bisherige Spitzenreiter sind Christian Ude und der amtierende OB Dieter Reiter (im Bild) mit zwei Schlägen. 2022 war Reiter wohl etwas aus der Übung und brauchte drei Schläge.
(Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)
Doch es war auch Thomas Wimmer, der das berühmte „O’zapft is!“ 1950 zur Tradtion machte. Der Legende zufolge kam er fast zu spät zur Eröffnung des Oktoberfestes und lief aufgrund des starken Regens ins nächstgelegene Zelt: Schottenhamel.
Nach dem erfolgreichen Anzapfen werden vor der Bavaria 12 Böllerschüsse abgegeben. So wissen die anderen Zelte und Besucher, dass ab jetzt ausgeschenkt werden darf. Auch wenn die Zelte schon um 9 Uhr öffnen, müssen die Besucher bis dahin auf ihre erste Maß warten.
(Bild der Bavaria aus dem Jahr 1969)
Außerdem fehlten die ausländischen Touristen. Da bis kurz zuvor nicht ganz sicher war, ob und mit welchen Auflagen das Oktoberfest stattfinden kann, haben vor allem amerikanische und asiatische Touristen keine Oktoberfestreise nach Bayern gebucht. Nur ein asiatischer Gast sorgte für Aufsehen, weil er laut 'Bild' seine Maß in einen Plastikbeutel umgefüllt hatte, weil man das Zelt nicht mit dem Krug verlassen darf.
Seit 2010, anlässlich des 200-jährigen Wiesnjubiläums, gibt es auf dem Südteil der Theresienwiese die Oide Wiesn. Sie wurde anschließend in “Historische Wiesn” umbenannt und erinnert an die Ursprünge des Oktoberfestes. Doch auch hier war es leerer. Im Vergleich zum Jahr 2019 sind die Besucherzahlen mit 230.000 um mehr als 50 Prozent gesunken.
17 große und 21 kleine Zelte standen 2022 auf dem Oktoberfest und der Oidn Wiesn zur Auswahl. Dabei werden zwischen Brauereizelten (z.B. Augustiner, Hofbräu, Spaten und Löwenbräu, Hacker-Pschorr, Paulaner) und Bierzelten freier Wirte (z.B. Schottenhammel, Fischer-Vroni, Marstall, Käfer) unterschieden. Darüber hinaus gab es noch zwei traditionelle Schützenzelte.
Über den Ursprung der Kleidung, die mittlerweile ein Symbol für bayerische Tradition ist, gibt es viele Theorien und Meinungen. Am häufigsten verbreitet ist die Annahme, dass die Wittelsbacher dieses "Gwand" dazu nutzten, um das Nationalgefühl und die Identität Bayerns zu stärken.
In den letzten Jahren haben Dirndl und Lederhosen an Beliebtheit gewonnen und werden nicht nur zu bayerischen Volksfesten, Veranstaltungen und Hochzeiten, sondern auch außerhalb der bayerischen und österreichischen Landesgrenzen getragen.
Das Dirndlkleid oder Dirndlgewand hat sich schon immer an aktuellen Modetrends orientiert. Dirndl oder Deandl ist eine bayrisch-österreichische Verkleinerungsform von Dirn und bezeichnete ursprünglich junge Frauen und Mägde auf dem Land und deren Arbeitskleidung. Später wurde es von Städterinnen als typisch ländliches Sommerkleid getragen und je nach Modetrend in Farbe und Länge verändert.
Doch ein Dirndl ist nicht automatisch eine Tracht. Das Trachtendirndl unterlag strengen Vorschriften und war regional unterschiedlich, um die Herkunft der Trägerin erkennen zu können. Auch heute werden Dirndl und Lederhosen zum Beispiel für Trachtenvereine oder Musikkapellen individuell gestaltet, sie haben besondere Stoffe, Farben, Schnittmuster und Stickereien.
Egal für welche Option Sie sich entscheiden: bei der Dirndl-Schleife sollte kein Fehler unterlaufen, um Peinlichkeiten zu vermeiden.
Schleife rechts: Die Trägerin ist verheiratet oder vergeben.
Schleife mittig: Die Trägerin ist entweder Bedienung, Witwe oder zu jung. Manche Damen, die ihren Beziehungsstatus nicht preis geben wollen, binden die Schürze ebenfalls in der Mitte.
Schleife links: Die Trägerin ist unverheiratet und nicht vergeben, eine freundliche, unaufdringliche Annäherung ist also erlaubt.
Die Lederhose kann entweder lang oder kurz sein und kommt ursprünglich aus Frankreich. Früher galt sie wegen ihrer Robustheit für viele Tätigkeiten als Arbeitshose, so lange sie nicht nass werden konnte. Das Leder stammte von Ziegen oder Schafen. Auch Jäger trugen sie, allerdings aus Hirsch oder Gams, um sich vom "gemeinen Volk" abzuheben, da die Jagd nur Adeligen vorbehalten war.
(Foto: Pixabay /MaxxMcgee)
Je nach Tag, Uhrzeit und Zelt gibt es auf der Wiesn verschiedene Musikrichtungen und Klassiker zu hören. Zu den bisherigen Oktoberfest-Hits gehören 'Ketchup Song' (Las Ketchup, 2002), 'Mambo No.5' (Lou Bega, 1999), 'Hey Baby' (DJ Ötzi,2000), 'Atemlos Durch Die Nacht' (Helene Fischer, 2014 und 2015), ' Rock Mi' (voXXclub , 2013), ‘So a scheena Dog (Fliegerlied)’ (Donikkl, 2008) und 'Skandal im Sperrbezirk' (Spider Murphy Gang, 1981)
(Bild: Helene Fischer und Florian Silbereisen auf der Wiesn 2009)
Nach anfänglichen Diskussionen wurde 'Layla' nicht verboten und in Zelten und Fahrgeschäften gespielt. Wie erwartet wurde das Lied von DJ Robin & Schürze zum Wiesenhit 2022.
(Bild: Pexels /pixabay)
Am zweiten Wiesn-Wochenende fand natürlich auch das Italienerwochenende statt - allerdings mit deutlich weniger Besuchern als die rund 200.000 wie in den Jahren zuvor.
Laut der 'Augsburger Allgemeinen' und anderen Lokalzeitungen kennt nur der mysteriöse Commissario Angerer den genauen Grund, steht aber nie für Interviews zur Verfügung. Auf Nachfrage erklären viele Italiener ihren Besuch mit der guten Stimmung, der Gemütlichkeit und der Tatsache, dass bayerisches Bier in ihrer Heimat sehr geschätzt wird.
Für viele Münchner Unternehmen ist ein Wiesnbesuch Tradition und sie haben für ihre Mitarbeiter seit Jahren feste Tische reserviert.
Auch einige Prominente waren vor Ort: neben Arnold Schwarzenegger mit Familie, Oli Pocher und Cathy Hummels (mit Schleife links) kamen auch der Baulöwe Richard Lugner und Michael Ballack mit Freundin Sophia Schneiderhan.
Die Ex-Frau von Michael Ballack wollte ihren Instagram-Followern zeigen, wie toll sie die Wiesn findet und postete ein Foto mit Moderatorin Alessandra Geissel. Doch bei genauerem Hinsehen entdeckten die Fans, dass der Boden schief, die Beine schlanker, das Bild also bearbeitet wurde. Simones Kommentar dazu: "Die erste Maß war dann wohl doch zu stark"
(Foto: Instagram simoneballack)
Für Verwirrung sorgten Berichte über den Überraschungsauftritt von Ed Sheeran auf der Wiesn, denn er war gar nicht in München. Nach einem Konzert zog er seine Lederhosen an und gab auf dem Frankfurter Oktoberfest ein Ständchen. Jetzt wird der Bierkrug, aus dem er getrunken hat, auf Ebay versteigert.
Auch Tim Cook besuchte zusammen mit Kai Pflaume das Münchner Oktoberfest. Er bedankte sich auf Bayrisch: "Schön, dass wir mal wieder gemütlich zusammensitzen"
(Foto: Twitter tim_cook)
Laut t-online waren 2022 deutlich jüngere Besucher auf dem Oktoberfest. Die Altersgruppe der 18 bis 29-Jährigen machte rund 21 Prozent der volljährigen Besucher aus.
Auch einige Influencer und Youtuber, darunter Tanzverbot, besuchten das Volksfest und nahmen ihre Fans mit - per Instagram- oder Twitch-Livestream.
Das Logistik des Oktoberfests lief reibungslost, auch die befürchteten Personalausfälle blieben aus. Im Großen und Ganzen waren Festleitung, Schausteller, Marktkaufleute und Wirte sehr froh, dass die Wiesn 2022 stattfinden konnte und zufrieden mit dem Gesamtergebnis.
