Völler wird Sportdirektor: warum Rudi den DFB wieder retten muss
Am Donnerstag, den 19. Januar 2023 wurde bekannt gegeben, dass Fußballikone Rudi Völler ab 1. Februar den Posten des DFB-Sportdirektors von Oliver Bierhoff übernehmen wird. Diese Entscheidung wurde auf Empfehlung einer Task Force getroffen und vom DFB-Präsidium bestätigt.
In einem Statement sagte der einstige Nationalcoach: "Ich kehre dorthin zurück, wo ich schon als Teamchef wunderbare Zeiten erleben durfte. Meine neue Aufgabe gehe ich mit Dankbarkeit, Leidenschaft und großer Motivation an."
Der 62-Jährige war im Sommer eigentlich in Fußball-Rente gegangen und hatte sein Amt als Geschäftsführer bei Bayer Leverkusen aufgegeben. Doch im Dezember 2022, nach der WM-Blamage von Katar, trat Bierhoff, dessen Vertrag erst 2024 ausgelaufen wäre, zurück: "Ich mache damit den Weg frei für neue Weichenstellungen."
Es ist nicht das erste Mal, dass Tante Käthe reaktiviert wird, um die deutsche Fußballnationalmannschaft aus größter Not zu retten. Um zu verstehen, warum das so ist, werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Stationen seiner Profikarriere.
Im Alter von 16 Jahren begann Völler mit einer Profimannschaft zu trainieren, dem Zweitligisten Kickers Offenbach. Kurze Zeit später, im Jahr 1977 kam er in die erste Mannschaft. In dieser Saison absolvierte Rudi 5 Ligaspiele und erzielte im Januar 1978 sein erstes Tor.
1982 nominierte Bundestrainer Jupp Derwall das Nachwuchstalent als einzigen Zweitligaspieler in den vorläufigen Kader für die WM in Spanien.
Am 17. November 1982 durfte Völler zum ersten Mal für die deutsche Nationalmannschaft auf den Platz, als er für Lothar Matthäus eingewechselt wurde. Für die Nationalmannschaft spielte er insgesamt 90 Mal und erzielte 47 Tore.
Weitere Stationen seiner aktiven Karriere waren der TSV 1860 München (1980-1982), Werder Bremen (1982-1987), AS Rom (1987-1992), Olympique Marseille (1992-1994) und Bayer 04 Leverkusen (1994-1996). Bei Bayer beendete Rudi seine aktive Karriere, war dort aber noch bis 2000 als Sportdirektor tätig.
Darüber hinaus wurde Völler Deutschlands Fußballer des Jahres (1983), Italienischer Meister (1991) sowie Europapokalsieder der Landesmeister (1993). Im Sommer 2022 erhielt er den Sport Bild-Award für sein Lebenswerk und im Januar 2023 den Ehrenpreis der DFL Deutschen Fußball-Liga.
Er führte die DFB-Auswahl als Teamchef entgegen aller Expertenmeinungen ins WM-Finale 2002. Ursprünglich sollte er die deutsche Mannschaft nur ein Jahr lang trainieren, bis Christoph Daums Vertrag bei Bayer 04 Leverkusen auslief. Doch aufgrund Daums Drogenskandals wurde Rudis Vertrag auf unbefristete Zeit verlängert, er trat jedoch 2004 zurück.
Im Sommer 2018 wurde Völler Geschäftsführer Sport der Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH und Mitte 2022 Mitglied im Gesellschafterausschuss. Diesen Posten lässt er aufgrund seiner Ernennung vom DFB vorerst ruhen.
Völler ist kein Visionär, aber sehr nahe an den Fans. Er ist in der Lage, für eine bessere Atmosphäre sorgen, sollte es weitere Rückschläge in der Nationalmannschaft geben. Rudi soll als Motivationsspritze der Fans, des zwölften Manns, dienen - auch im Ausland.
Rudi Völler wurde auch abseits des Spielfelds wegen seines Charismas und seiner Wutausbrüche bekannt. Doch trotz seiner direkten Art wie beim 'Weizenbier-Ausrasters' gegenüber ARD-Moderator Waldemar Hartmann (Bild) nach dem schlechten EM-Qualifikationsspiel 2003, waren ihm die Medien und Fans nie lange böse.
Bei seiner neuen Stelle hat er nur wenig Entscheidungsgewalt, aber sehr viel zu tun. Er ist für die Umsetzung der Philosophie des DFB verantwortlich, vertritt den Fußballverband bei Lehrgängen und in der Öffentlichkeit. Darüber hinaus ist der Chef für Talentförderung, Trainer-Ausbildung sowie für Spielideen und Strategiesitzungen verantwortlich. Auch ist Völler ab jetzt für die Kommunikation mit den Bundesliga-Clubs und deren Leistungszentren zuständig, braucht also viel Verhandlungs- und Verwaltungsgeschick.
Doch es gibt auch kritische Stimmen, die die Wahl Völlers als Rückschritt in die Fußballwelt der 2000er Jahre bezeichnen. Nicht zuletzt weil auch die Task Force aus Hans-Joachim Watzke, Bernd Neuendorf, Oliver Kahn, Karl-Heinz Rummenigge, Oliver Mintzlaff, Matthias Sammer und Völler selbst bestand - alte Fußballveteranen. Laut 'Spiegel' ist es eine "Entscheidung des alten Establishments".
Auch die Herangehensweise Rudis stößt auf Kritik. So schreibt unter anderem die 'TAZ', dass für eine so strategische Position, bei der es um die Neuausrichtung der Nationalmannschaft geht, ein 'Bauchmensch' wie Völler keine Idealbesetzung ist. Zusammen mit der im Dezember gegründeten Task Force soll Völler laut DFB die deutsche Nationalelf "begleiten, hinterfragen und unterstützen" und mit Bundestrainer Hansi Flick konstruktiv zusammenarbeiten.
Als Erstes muss er in den nächsten 20 Monaten die Grundlagen schaffen, um Deutschlands Image-Verlust mit der Heim-Europameisterschaft im Juli 2024 wiederherzustellen und die Fans zurückgewinnen. Außerdem ist eine Umstrukturierung der deutschen Nationalmannschaft dringend notwendig.
"Rudi Völler ist einer der Größten im deutschen Fußball", betonte DFB-Präsident Bernd Neuendorf. "Mit seiner Art und seinen Erfolgen hat er als Spieler, Trainer und Manager die Fans begeistert.", sagte Nationaltrainer Hansi Flick bei der Bekanntgabe.