Jeder Fünfte will mehr Weiße in der Nationalelf: ARD verteidigt Umfrage
Während der deutsche Fußball über die Umfrage des WDR empört ist, spricht sich die ARD dafür aus. Lesen Sie hier alles über die Umfrage, die so kurz vor der Heim-Europameisterschaft die Gemüter erhitzt.
Die Umfrage, um die es geht, wurde vom WDR durchgeführt. Das Ergebnis ist erschreckend: Jeder fünfte Befragte wünscht sich mehr Spieler mit weißer Hautfarbe in der Nationalelf.
Nationalspieler Joshua Kimmich äußerte sich laut dem Spiegel empört: "Gerade wer im Fußball aufgewachsen ist, weiß, dass das absoluter Quatsch ist. Gerade der Fußball ist ein Beispiel dafür, wie man verschiedene Nationen, verschiedene Hautfarben, verschiedene Religionen vereinen kann."
Und weiter: "Darum geht es auch bei uns in der Mannschaft. Ich würde sehr, sehr viele Spieler sehr vermissen, wenn sie nicht hier wären. Das ist absolut rassistisch und hat keinen Platz bei uns in der Kabine"
Die Umfrage wurde im Ramen der WDR-Dokumentation "Einigkeit und Recht und Vielfalt" von Reporter Philipp Awounou angestoßen.
Wie Karl Valks, Chef bei WDR Sport, erklärte, kam während der Doku die Aussage auf, dass es nicht genügend "echte", weiße, deutsche Fußballspieler in der Nationalelf gäbe. Dem wollte der WDR nachgehen und eine fundierte Umfrage machen.
Die repräsentative Umfrage wurde von "Sport Inside" bei Infratest dimap in Auftrag gegeben. An der Umfrage, die zwischen dem 2. und 3. April 2024 stattfand, nahmen 1.304 Wahlberechtigte teil.
Das Ergebnis ist erschreckend: 21% der Befragten wären dafür, wenn mehr Nationalspieler weiße Hautfarbe hätten. Aber auch: Die Mehrheit der Befragten, nämlich 65%, stimmten dieser Aussage nicht zu.
Wie der WDR berichtet, lässt sich ein Zusammenhang mit der Parteiaffinität erkennen: von den Befragten, die die AfD wählen, sagen 47%, dass die Nationalmannschaft mehr weiße Spieler braucht. Bei den Wählern des Bündnis Sahra Wagenknecht sind es 38%.
Unter den CDU-Anhängern sind es hingegen nur 18%, SPD 14% und Grüne 5%, so der WDR.
Während nicht nur das Ergebnis der Umfrage erschreckt, stören sich einige, auch Joshua Kimmich, auch an dem Zeitpunkt der Umfrage. Denn: Kurz vor der Heim-EM sorgt solch eine Umfrage für mehr Unruhe als für Unterstützung.
Kimmich laut dem Spiegel: "Wenn man überlegt, dass wir vor einer Heim-EM stehen, ist es schon absurd, so eine Frage zu stellen, wo es eigentlich darum geht, das ganze Land zu vereinen. Es geht jetzt nur darum, gemeinsam Großes zu erreichen. Wir als Mannschaft versuchen, alle Menschen in Deutschland hinter uns zu bringen".
Auch Nationaltrainer Julian Nagelsmann findet klare Worte: "Ich hoffe, nie wieder so was von so einer Sch**ßumfrage lesen zu müssen".
Dafür ernteten Kimmich und Nagelsmann sowie in diesem Zusammenhang der ganze DFB jedoch auch Kritik. Denn, wie Maximilian Rieger von Deutschlandfunk in seinem Kommentar schreibt, würde der DFB damit suggerieren, dass man "lieber zu Rassismus schweigen" solle, "weil das den EM-Titel gefährden könne".
Rieger schreibt weiter, dass man darin die "politische Blindheit" des DFB sehe, die besonders vor großen Turnieren in den letzten Jahren aufgefallen sei.
Allerdings findet hier eine Vermischung statt: es geht einerseits um den Zeitpunkt der Umfrage, der vor der Heim-EM tatsächlich nicht glücklich gewählt wurde. Und zum anderen um den Inhalt selbst, der jedoch zu größeren gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland passt.
Stern-Reporter Thomas Krause schreibt, dass das Ergebnis der Umfrage nach den rassistischen Vorfällen nur naive Personen überraschen könne. Denn: Die Umfrage-Ergebnisse der AfD sowie die Parolen-Gesänge auf Sylt und Feiern würden in die gleiche Richtung schlagen.
Nach der Kritik von Nagelsmann und Kimmich meldete sich nun auch Philipp Awounou zu Wort. Wie die Bild-Zeitung berichtete, sagte er zwar, dass der Kontext der Umfrage klarer kommuniziert hätte werden müssen.
Foto: ARD, Hart aber fair, Philipp Awounou
Awounou laut der Bild-Zeitung in der ARD-Sendung 'Hart aber fair': "Es hätte direkt einen klaren Bezug geben müssen: Warum ist diese Umfrage erstellt worden und was ist der Hintergrund davon. Ich glaube, der ist sehr nachvollziehbar. Und ich denke, dass auch Herr Nagelsmann oder andere Menschen im Kontext des Films durchaus verstehen, warum wir das gemacht haben".
Im Spiegel bezieht sich Awounou in einem Statement auf die wissenschaftliche Praxis: "Um rassistische Haltungen zu prüfen, muss man rassistische Haltungen abfragen. Das ist in der wissenschaftlichen Meinungserhebung ein normaler Prozess".
Die Umfrage sei relevant gewesen, um zu wissen, "ob wir gerade an der Realität vorbei berichten oder falsch gewichten, indem wir einem Meinungsspektrum (zu viel) Raum geben, obwohl es in der Gesamtgesellschaft kaum Anklang findet".
Es wird sich zeigen, wie diese Umfrage die Nationalmannschaft und ihren Erfolg bei der Heim-EM beeinflussen wird. Und wie die deutsche Gesellschaft mit den vermehrten rassistischen Entwicklungen in der letzten Zeit umgehen wird. Was halten Sie von der Umfrage? Sagen Sie es uns gerne in den Kommentaren.
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