Alle Trainer der deutschen Nationalmannschaft von 1924 bis heute
Die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar steht vor der Tür und das deutsche Team ist ins Rampenlicht gerückt. Aber wer war eigentlich vor Bundestrainer Hansi Flick für die (Miss-)Erfolge verantwortlich? Und wie ist die Nationalmannschaft entstanden?
Das erfahren Sie auf den folgenden Seiten.
Obwohl die deutsche Mannschaft schon seit 1908 Länderspiele austrug, werden diese vom DFB nicht anerkannt und als “Ur-Länderspiele” bezeichnet, weil sie vor der Gründung des Verbandes ausgetragen wurden. Das erste Länderspiel überhaupt fand am 30. November 1872 zwischen England und Schottland statt.
Anfangs waren der Fußball und die Mannschaften in Deutschland kaum organsiert. Dies änderte sich 1899 beim „Allgemeinen Deutschen Sportfest“ in Leipzig, bei dem die Gründung eines Fußballverbandes beschlossen wurde.
Ab 28. Januar 1900 gab es dann den Deutschen Fußball-Bund offiziell, der erste Präsident wurde Prof. Dr. Ferdinand Hueppe vom DFC Prag. Prag gehörte damals jedoch noch zu Österreich-Ungarn, sodass die Spieler zwar an der deutschen Liga teilnehmen durften, wegen der Staatsangehörigkeit jedoch nicht bei Spielen der Nationalmannschaft.
In den ersten Jahren hatte die Nationalelf noch keinen Trainer. Die Aufstellung der Mannschaften wurde durch die Landesverbände festgelegt - meist nach einem Quotensystem und nicht nach Leistung. Die Aufstellung legte der Spielausschuss fest und der Mannschaftskapitän bestimmte am Spielort die Taktik. Allerdings gab es zu dieser Zeit auch kaum ausgebildete Trainer. Von ihren ersten 58 Länderspielen konnte die Nationalelf lediglich 16 gewinnen.
Der Lehrer Max Breunig absolvierte zwischen 1910 und 1913 insgesamt neun Länderspiele und schoss dabei ein Tor für die deutsche Nationalelf. In allen Einsätzen war er Kapitän der deutschen Mannschaft und trug somit die Hauptverantwortung. Mit dem Karlsruher FV gewann er 1910 die Meisterschaft. Als offizieller Trainer wurde Breunig mit dem SV 1860 München 1931 Vizemeister.
Der Grundschul- und Sportlehrer Dr. Otto Nerz war laut DFB der erste offizielle Reichstrainer. Der Fußballbund engagierte ihn 1926, nachdem er als Trainer von Tennis Borussia Berlin praktische Erfahrung gesammelt hatte. Wie auch bei vielen anderen nachfolgenden Olympischen Spielen schied die deutsche Mannschaft 1936 vorzeitig aus und Nerz verlor seinen Posten.
(Bild: Die Spieler der deutschen Mannschaft marschieren mit Nerz singend zum Training)
Sein bisherige Assistent Josef Herberger trat am 2. November 1936 die Nachfolge an und leitete die Mannschaft bis zur Einstellung des Spielbetriebs während des 2. Weltkriegs. Jedoch hatte Sepp keine vollständige Entscheidungsgewalt, denn Nerz blieb als Referent für die Nationalmannschaft sein Vorgesetzter. Diese Konstellation sorgte jedoch für Konflikte, weshalb sich Nerz 1938 ganz zurückzog.
Sepp Herberger wurde nach seinem Entnazifizierungsverfahren im Jahr 1950 in das Amt des Bundestrainers berufen, nachdem die Wiedergründung des DFB rechtsverbindlich war. Doch bereits im September des Vorjahres hatte Herberger einen Lehrgang für den Aufbau der deutschen Mannschaft abgehalten. Zuvor war er Dozent an der Sporthochschule Köln für Fußballtrainer. Dadurch, und wegen seiner zahlreichen Besuche von Oberligaspielen seit 1947, konnte er potenzielle Nationalspieler lange beobachten, um die deutsche Mannschaft wieder aufzubauen. Ihm ist 'das Wunder von Bern' 1954 zu verdanken.
Zur Saison 1963/64 löste die Bundesliga auf internationaler Ebene die regionalen Oberligen ab. Helmut Schön übernahm das Amt von Herberger und sollte der bisher erfolgreichste Bundestrainer werden. Obwohl er und sein Assistent Dettmar Cramer wenig Vorbereitungszeit und lediglich Kurzlehrgänge hatten, erreichte die Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 1966 in England das Finale.
Helmut Schön stand für die größte Ära des deutschen Fußballs und war der weltweit erfolgreichste Fußball-Nationaltrainer nach dem Krieg: Weltmeister 1974 (Bild), Europameister 1972, WM-Zweiter 1966, WM-Dritter 1970, EM-Zweiter 1976. Er übertrug das neue Demokratieverständnis auf den Fußball und räumte seiner Mannschaft bis dahin ungewohnte Mitspracherechte ein. Das wurde ihm sowohl als herausragende Leistung als auch als Führungsschwäche ausgelegt. Schön hatte laut 'Deutsche Sporthilfe' Persönlichkeiten wie Uwe Seeler und Franz Beckenbauer an seiner Seite.
Josef "Jupp" Derwall war vom 11. Oktober 1978 bis zum 20. Juni 1984 Trainer der deutschen Nationalmannschaft, mit der er 1980 Europameister und 1982 Vizeweltmeister wurde. Laut DFB war er der "Liberale mit der langen Leine", musste aber nach der Europameisterschaft 1984 zurücktreten. Der Grund dafür war, dass bei der EM erstmals eine deutsche Mannschaft bei einem Turnier in der Gruppenphase ausgeschieden war.
Derwalls Nachfolger war Franz Beckenbauer - allerdings unter der Bezeichnung "Teamchef", da er keine offizielle Trainerlizenz besaß. Zur Unterstützung erhielt er einen Co-Trainer - zunächst Horst Köppel, anschließend Holger Osieck. Der Kaiser hatte keinen guten Einstieg, denn er war der erste Trainer, dessen Mannschaft das erste Spiel verlor. Die Nationalelf scheiterte am 12. September 1984 gegen Argentinien. Dennoch erreichte Beckenbauer mit der Mannschaft gegen Portugal, Schweden und die Tschechoslowakei die Qualifikation zur WM 1986.
Mit 18 Jahren gab Franz Beckenbauer in der ersten Mannschaft vom FC Bayern München sein Debüt und erzielte gleich ein Tor. Seitdem war er als Mittelfeldspieler oder Linksaußen nicht mehr aus der Stammelf wegzudenken. Außerdem wurde die "Lichtgestalt" zum Helden der WM 1966 - mit zwei Toren bereits im ersten Spiel. Beckenbauer gehört neben Pelé, Cruyff und Maradona zu den Weltfußballern des 20. Jahrhunderts.
Im Jahr 1990 übernahm Berti Vogts die deutsche Nationalmannschaft. Sein größter Erfolg als Trainer war der Gewinn der Europameisterschaft 1996. Vogts Wunsch, nach dem WM-Aus 1998 im Amt zu bleiben, um den notwenigen Neuaufbau der Mannschaft noch selbst machen zu können, erfüllte sich nicht. Der "Terrier" hatte als Bundestrainer bei den Medien und den Fans einen schweren Stand, sein Verhalten gegenüber der Presse war nicht immer optimal und schließlich war der Druck zu groß.
Berti Vogts spielte innerhalb von 14 Jahren 419-mal in der Bundesliga für Borussia Mönchengladbach und war Mannschaftskapitän. Er ist somit der einzige Spieler, der für diesen Verein so häufig in der Bundesliga aktiv war. Für die Nationalmannschaft spielte er 96 Mal, wurde Europameister 1972 und Weltmeister 1974. Bei der WM 1978 war Berti Kapitän der deutschen Mannschaft.
Erich Ribbeck wurde 1998 der nächste Bundestrainer. Aufgrund seines Auftretens und seiner Umgangsformen bekam er schnell die Spitznamen "Sir Erich" und "Gentleman". Bekannt wurde der Diplom-Sportlehrer auch durch Sprüche wie: "Konzepte sind Kokolores. Wir spielen mit Libero, zwei Mann davor, dazwischen oder dahinter."
Als er 1998 die Anfrage der deutschen Nationalelf erhielt, war Ribbeck fast schon im Ruhestand. Mit 61 Jahren war der neue Teamchef der älteste Anfänger in diesem Amt.
Er galt lange als Kompromisskandidat, unter anderem waren Jupp Heynckes und Paul Breitner als Favoriten im Gespräch, andere mögliche Trainer hatten noch Verträge bei nationalen und internationalen Vereinen.
Ribbeck störte es jedoch nicht, kein Wunschkandidat gewesen zu sein und sagte laut DFB: "Diese Herausforderung hat mich immer am meisten gereizt."
Am 2. Juli 2000 wurde Rudolf "Rudi" Völler Teamchef der DFB-Auswahl. Ursprünglich sollte er die deutsche Mannschaft nur ein Jahr lang trainieren, bis Christoph Daums Vertrag bei Bayer 04 Leverkusen auslief. Doch aufgrund Daums Drogenskandals wurde Rudis Vertrag auf unbefristete Zeit verlängert.
Nachdem die deutsche Nationalmannschaft bei der EM 2004 bereits in der Vorrunde ausgeschieden war, erklärte Völler am 24. Juni 2004 seinen Rücktritt.
In seiner aktiven Zeit erhielt Rudi wegen seiner Haare den Spitznamen Tante Käthe. Legendär waren auch die "Ruuuuuuuuudi"-Rufe in deutschen Fußballstadien und das Lied ‘Es gibt nur ein’ Rudi Völler ‘.
Für den kürzlich frei gewordenen Posten als Bundestrainer gab es wie schon bei Ribbeck mehrere Kandidaten. Der DFB rief sogar eine Trainerfindungskommission ins Leben, um nach ausländischen Trainern zu suchen – das Angebot wurde allerdings von Arsène Wenger, Morten Olsen und Guus Hiddink abgelehnt. Und dann kam Klinsmann ins Gespräch, der seine Trainerlizenz im Jahr 2000 bei einem DFB-Sonderlehrgang erhalten hatte.
Klinsmann spielte von 1987 bis 1998 in der deutschen Nationalmannschaft, mit der er 1990 Welt- und 1996 Europameister wurde. 2016 wurde er zum Ehrenspielführer ernannt. Sein größter Erfolg als Trainer war der 3. Platz bei der WM 2006. Nach diesem Turnier fühlte er sich jedoch ausgebrannt und trat zurück, wurde aber 2008 kurzfristig Trainer des FC Bayern. Nach seiner aktiven Karriere zog "Bundesklinsi" mit seiner Familie in die USA.
Joachim Löw war in der Schweiz tätig, bevor er 1995 beim VfB Stuttgart erst Co-Trainer und anschließend Cheftrainer wurde. Ab 2004 war Löw unter Jürgen Klinsmann Co-Trainer der deutschen Nationalelf und nach dessen Rücktritt Bundestrainer. Gelobt wurde der Badener (nicht Schwabe!) neben seiner sportlichen Leistung auch für seinen Führungsstil und die Spielphilosophie, die die Mannschaft zum Botschafter eines modernen, weltoffenen und sympathischen Fußball-Deutschlands machten.
Jogi betreute die Mannschaft über 15 Jahre lang bei drei Weltmeisterschaften (2010, 2014, 2018), vier Europameisterschaften (2008, 2012, 2016, 2021) sowie beim Confed Cup 2017 und ist der Bundestrainer mit den meisten Spielen (198) und beachtlichen Erfolgen: Weltmeister 2014, Confed-Cup-Sieger 2017, Vize-Europameister 2008 und EM-Halbfinalist 2012 und 2016. Er bekam viele Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz, Trainer des Jahres und zweimal das Silbernes Lorbeerblatt. Als aktiver Spieler war er bei Weitem nicht so erfolgreich wie als Trainer der deutschen Mannschaft.
Seit August 2021 ist Hans-Dieter Flick Bundestrainer der deutschen Fußballnationalmannschaft. Als aktiver Spieler war er beim FC Bayern und dem 1. FC Köln in insgesamt 148 Bundesliga-Spielen im Einsatz. Er wurde Deutscher Meister (1986, 1987, 1989 und 1990) und gewann den DFB-Pokal 1986. Als Chefcoach des FCB wurde er Deutscher Meister 2020 und 2021. Im Jahr 2020 gewann seine Mannschaft die Champions League, den DFB-Pokal, den Supercup und wurde Deutscher Superpokalsieger 2020.
Am 23. August 2006 wurde Flick vom DFB als Wunschkandidat zum Assistenten von Bundestrainer Joachim Löw zur Betreuung der deutschen Nationalmannschaft berufen und sorgte für eine Neuheit: Die beiden waren das erste Trainergespann, das nie selbst in der Nationalmannschaft gespielt hatte.
In einem Interview mit der 'Frankfurter Rundschau' zur Kritik am Austragungsort Katar sagte Bastian Schweinsteiger unter anderem: "Als Spieler musst du dich auf das Sportliche konzentrieren." Flick ist ähnlicher Meinung.
(Foto: Al-Janoub Stadion in Doha, Katar)
In der Gruppe E beginnt die WM 2022 für die deutsche Mannschaft am 23. November gegen Japan. Am 27. November trifft das Team auf Spanien. Das letzte Gruppenspiel ist am 1. Dezember gegen Costa Rica. Das Finale wäre am Sonntag, 18. Dezember 2022 in Lusail.