Dehnel-Phänomen: Einige Tiere sind fähig ihr Gehirn zu verkleinern

Überwintern ist nicht immer einfach
Spitzmaus, Maulwurf und Co
Ursprung des Dehnel-Phänomens
Die Spitzmaus ist anders
Die Rolle des Hypothalamus
Gene, die sich mit Jahreszeiten verändern
Nicht alle Maulwürfe sind gleich
Nicht zurück zur Ursprungsgrösse
Es ist ein Kompromiss
Aber das Nachwachsen scheint zu funktionieren
Interessant für die Humanmedizin
Eine Anwendung an Menschen ist noch in weiter Ferne
Noch viele offene Fragen
Überwintern ist nicht immer einfach

Um die langen Wintermonate zu überstehen, haben viele Tiere Strategien: Winterstarre, Winterschlaf oder Auswandern in wärmere Regionen. Aber einige kleine Säugetiere haben eine ganz besondere Taktik: Sie schrumpfen einfach ihr Gehirn.

Spitzmaus, Maulwurf und Co

Spitzmäuse, Hermeline, Wiesel und einige Maulwürfe gehören zu diesen Tieren. Das belegen internationale Studien. Ihre Fähigkeit zu Gewichtsreduktion wesentlicher Organe in den nahrungsarmen Wintermonaten - mitunter um ein Fünftel und mehr- ist als Dehnel-Phänomen bekannt.

Ursprung des Dehnel-Phänomens

Der polnische Wissenschaftler August Dehnel stellte bereits 1949 fest, dass sich die in Polen und Belarus gesammelten Schädel von Spitzmäusen im Laufe der Jahreszeiten zusammenziehen und ausdehnen.

 

Die Spitzmaus ist anders

Spitzmäuse zum Beispiel schrumpfen nicht nur ihr Gehirn, sondern auch weitere Organe und ihren Schädel. Und das alles, um Energie zu sparen und im Winter auch mit einem geringeren Nahrungsangebot auszukommen. Aber wie schaffen sie das?

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Die Rolle des Hypothalamus

In einer neuen Studie, veröffentlicht im November 2024, konnten Forscher belegen, wie dieser Prozess funktioniert. Dazu untersuchten sie den Hypothalamus der Tiere, in dem sich in den verschiedenen Jahreszeiten Unterschiede zeigten.

Gene, die sich mit Jahreszeiten verändern

„Wir haben eine Reihe von Genen gefunden, die sich im Laufe der Jahreszeiten verändern und die an der Regulierung der Energiehomöostase beteiligt sind, sowie Gene, die den Zelltod regulieren und von denen wir annehmen, dass sie mit der Verringerung der Gehirngröße in Zusammenhang stehen“, sagte Studienleiter William R. Thomas von der Stony Brook University dem Wissenschaftsmagazin Phys.org.

 

Nicht alle Maulwürfe sind gleich

Auch der Europäische Maulwurf verkleinert sein Gehirn im Winter laut der neuen Studie des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie in Konstanz ebenfalls, aber der Iberische Maulwurf tut das nicht. «Wenn es nur eine Frage der Nahrung wäre, dann müsste der Iberische Maulwurf im Sommer schrumpfen, wenn die grosse Hitze und Trockenheit die Nahrung knapp machen», erklärt Mitautorin Dina Dechmann.

Nicht zurück zur Ursprungsgrösse

Die Schädel und Gehirne der Europäischen Maulwürfe schrumpften im Winter stärker als sie im Frühjahr darauf wieder wuchsen (im Mittel elf versus vier Prozent). Ähnlich wurde das schon bei Spitzmäusen beobachtet, die aber kaum mehr als ein Jahr leben. Bei den Maulwürfen, die fünf Jahre und älter werden können, würde das verglichen mit dem Schrumpfen geringere Wachstum hingegen bedeuten, dass die Tiere von Jahr zu Jahr kleiner werden.

Es ist ein Kompromiss

"Es ist ein Kompromiss", so Dechmann. "Man macht sein Gehirn kleiner, man spart Energie, aber man wird - ich will nicht sagen dumm, aber man wird weniger gut darin, bestimmte Lernaufgaben zu lösen."

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Aber das Nachwachsen scheint zu funktionieren

Als das Hirnmaterial von Spitzmäusen mit kleineren Gehirnen nachwuchs, zeigte sich, dass ihre Fähigkeit, Dechmanns Laborexperimente zu lösen, zurückkehrte. Laut Dechmann scheint das Nachwachsen des Gehirns der Spitzmaus aber nicht einheitlich zu sein, was bedeutet, dass einige Bereiche des Gehirns der Spitzmaus nicht ihre Größe von vor dem Winter wiedererlangen.

Interessant für die Humanmedizin

Wenn man versteht, wie das Hirngewebe bei diesen Tieren nachwächst, könnte dies Ärzten und Forschern bei der Behandlung von Alzheimer, Multipler Sklerose und einer Reihe anderer neurodegenerativer Krankheiten helfen, die die Größe des menschlichen Gehirns verringern.

Eine Anwendung an Menschen ist noch in weiter Ferne

"Am Anfang konnte ich es nicht ganz begreifen", sagt John Dirk Nieland, Professor für Gesundheitswissenschaften und Technologie an der Universität Aalborg, der mit Dina Dechmann zusammenarbeitet und - wie der Journalist der Washington Post, Dino Gandoni, berichtet - derzeit Medikamente erforscht, die die Gehirnchemie der Spitzmäuse beim Menschen nachahmen sollen. Eine Hoffnung für die Medizin, auch wenn Dechmann mahnt: "Wir sind noch weit von den angewandten Ergebnissen entfernt".

Noch viele offene Fragen

Bis jetzt ist nur sicher, dass die Tiere bei denen das Dehnel-Phänomen bisher nachgewiesen werden konnte einen schnellen Stoffwechsel und eine herabgesetzte Möglichkeit haben, Fett einzulagern haben. Weitere Studien müssen zeigen, ob die Tendenz zum Schrumpfen durch unterschiedlich tiefe Temperaturen vergrößert wird und wie die evolutionäre Entwicklung zustande kam.

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